Mittwoch, 4. Juli 2012

Theorie der Digitalfotographie

Wir arbeiten mit Profis
Den Spruch kennt man, mit dem man bei den Bildverwertern weggebissen wird. Wer diese Profis sind? Jedenfalls gehört man selbst nicht dazu. Schaut man sich so in der Medienwelt um, was da so an Bildern veröffentlicht wird, dann fragt man sich, das kann ich doch auch. Klar, nur interessiert s niemand. Man braucht etwas mehr als ne gute Kamera, sonst könnt ja jeder angeschissen kommen und wo kommen wir denn da hin, wenn das gemeine Volk auch noch sein Hobbygeknipse veröffentlichen wollte?
Hier kann man an die unsägliche Bildproduktion der Spießer erinnern, die spannenden Bilder vom Tannenbaum und Schäferhund mit der ganze Regalkilometer von Photoalben mißhandelt und voll geklebt wurden. Nicht erst zu reden, von den berüchtigten Diaabenden deren Zuschauer sich die dramatischen Urlaubsbilder von Sonnenuntergängen in südlichen Breiten antun mußten und dabei insgeheim von einem noch dramatischeren Ende der Projektorlampe träumten.
Da gibt es doch die vielen hilfreichen Fotozeitungen, oder? Schaut man da genauer hin, da geht s zu oft nur um die neusten Kamerageräte, um noch mehr Technik und noch mehr Zeug das die Kameraindustrie loswerden will. Das wird dem Pseudoprofi vor die Nase gehalten und damit die Illusion erzeugt, wenn du dafür das Geld verfeuert hast, dann wirst auch ernst genommen. Nicht das gute Technik zu verachten wäre, gegen technisch gute Bilder ist ja erstmal nichts einzuwenden.
Schaut man sich die Knipser an, die in Vereinen organisiert oder mittlerweile im www versammelt sind, da geht es immer noch um die Frage, wer hat die größten, schärfsten und bestausgeleuchteten Bilder. Um den Inhalt scheint es nicht zu gehen. Es ist einfach Ideologie, mit der die Öffentlichkeit bearbeitet wird. Die Erscheinungsform des Bildes ist alles, der Inhalt ist nichts. Es ist Ideologie die aus der bürgerlichen Gesellschaft kommt. Hintergrund dafür ist der Aufstieg des Bürgertums, das den adeligen Lebensstil auch in der Kunst nachahmte und deren Nachfrage nach Originale, durch Kupferstich bedient wurde. Gestochen scharf, daher kommt diese Redewendung. Im Zeitalter der technischen Reproduktionsmöglichkeiten wurde nach Wegen gesucht, ein Original zu besitzen, notfalls wurde die Auflage künstlich knapp gehalten. Diese Ideologie auf die Fotografie übertragen, heißt heute noch, die Bilder können nicht hochauflösend, scharf und groß genug sein. Nach dem Sinn wird nicht mehr gefragt. Schon in der Frühzeit der Fotografie wurde aber danach gefragt. Wo ist Schärfe sinnvoll, wann kommt Unschärfe besser und ob man im Gesicht unbedingt die Poren und Kratzer sehen muß.
Oder schauen wir uns die Werbebilder in den Zeitungen an, scharf bis zum letzten Mauerriß, ausgeleuchtet als hätte uns der Baumeister des Sonnensystems gerade mit einer zweiten Sonne beglückt, da brauchst nicht mitzuhalten, versuch s nicht erst. Als wenn das entscheidend wäre, in der wissenschaftlichen Fotographie sicher, oder bei Luftbildaufnahmen. Da braucht man das eben, aber wie schaut es mit der Fotographie als kreativen Prozeß aus? Gerade das Internet hat vielen die Möglichkeit gegeben, zu veröffentlichen, was sonst ungesehen verstauben würde. Das ist doch eine Möglichkeit die man nutzen kann. Also selbst mal experimentieren und sehen, was sich aus dem Material machen lässt und sich nicht von sogenannten Profis reinreden zu lassen.
Denen überlassen wir gern die Politikerschnauzen. Keine Sorge, wenn die im Rudel um die Politiker und Promis lagern und ihr Blitzlichtgewitter ablassen, dabei wollen wir sie nicht stören. Suchen wir uns Arbeitsfelder die wenig beachtet werden und davon gibt es nicht wenig. Ab und an muß sogar die Fotographie neu erfunden werden. Jedenfalls dann, wenn das Medium wechselt und schon von sich aus die Arbeitsweise verändert.
Der Amateur wird erst ernst genommen, wenn vor seiner Nase eine Raumstation abgestürzt ist und er noch die rauchenden Trümmer auf dem Bild hat. Wer halbwegs bei Verstand ist, wird nicht seine Zeit damit verschwenden und auf so was warten. Und wer kurz drüber nachdenkt, verschwendet auch nicht seine Zeit mit sogenannten Agenturen. Mittelständische Wixer die von Bildern weder was verstehen, noch was davon verstehen wollen, die interessiert nur ob es zu verkaufen ist. Wer aber für den Markt ablichtet, also schon bevor er abdrückt, an den Verkaufswert des Bildes denkt, der bringt eben nur Alltagsschrott zustande den man auf den Postkartenmotiven bewundern kann. Scharf, perfekt belichtet und langweilig.
Wie gut oder schlecht ein Bild ist, davon sieht man im Internet meist recht wenig. So wie aus technischen Gründen zumeist veröffentlicht wird, bei der gängigen Bildgröße und Komprimierung ist nicht mehr erkennbar, ob es von einer Lumix oder einer Billigcam stammt, zumindest in den meisten Fällen. Als Gegenbewegung konnte man zeitweilig die Lomoknipser bezeichnen. Einfach draufhalten, Bilder produzieren und sie auf billigste Weise vom Großlabor abziehen lassen. Die Qualität der Bilder war unwichtig. Mit der Verbreitung der Digitalkameras blieb das eine kurze Phase. Mit der Bildbearbeitung gibt es dagegen auch noch andere Möglichkeiten. Mit Graphikprogrammen, ist es kein Problem, aus einen guten Bild ein an den Rändern unscharfes und farblich ungenaues Motiv herzustellen, das aussieht als stammt es aus einer Plastikkamera oder aus den Frühzeit der Fototechnik.
Kommen wir nun zur Gifgraphik, da ist die Bildvorlage weniger von Interesse. Gifgraphiken lassen sich auch aus Rasterdruckbildern machen und am Endergebnis ist nicht mehr erkennbar, welche Qualität die Vorlage hatte. Hier geht es weniger um die Qualität der Kameratechnik, hier geht es um kreatives Arbeiten am Bild.


Weltbild
Es sind doch nur Bilder. Letztlich ist es nur Farbe auf Papier bzw. auf dem Bildschirm. Man muß Bilder heute nicht mehr so bierernst nehmen. Sie werden ohnehin zu ernst genommen, das stammt eben noch aus vergangenen Zeiten, als die Fotografie etwas mühsamer war und als dem neuen Medium geglaubt wurde. Sicher ist immer noch der Grundgedanke verbreitet, das Foto schafft ein vom Produzenten unabhängiges und objektives Dokument. Das scheint im Prinzip so zu sein, nur sind die Manipulationsmöglichkeiten ohnehin bekannt und seit der Diggitechnik noch leichter geworden, so das man sich fragt, was man den Bildern noch glauben soll. Das führt zur Frage, wie ernst man Bilder noch nehmen soll. Heute eine schnell produzierte Massenware, schnell erstellt, schnell verbreitet und noch schneller wieder vergessen. Wird da nicht zu viel Hype drum gemacht? Besonders wenn es um das Copyright geht, das längst zu einer Geldmaschine einiger großer Bildverwerter verkommen ist. Der Kleinknipser kann sowas wie Copyright vergessen. Der hat zwei Möglichkeiten seine Bilder zu schützen. Entweder er unterlässt jede Veröffentlichung oder veröffentlicht in einer Form, da kann man s auch lassen. Na dann sollte man eben nicht zu viel Geschiß um lausige Bilder machen.
Die Möglichkeit im Internet zu veröffentlichen ist fraglos ein Fortschritt. Früher waren die Möglichkeiten recht eingeschränkt und veröffentlichen konnte eh nur die sogenannten Profis. Für den Normalverbraucher waren die Hürden kaum zu überwinden. War es schon ein Glücksspiel einen Leserbrief in die Zeitung zu bekommen, da konnte man Fotos grad vergessen. Das geht heute im www einfacher, der Preis dafür ist eben, das sich jeder bedienen kann und dann deswegen n Krieg anzufangen? Lohnt meist eh nicht, wozu die Arbeit? Rechtsabteilungen und Abmahnungsanwälte haben die Firmen, der Privatknipser hat anderes zu tun als sich mit Klagen gegen Privatleute den Tag zu versauen. Man kann ja ne Mail schicken und sich über die Frechheit beschweren.
Doch wie bekannt, machen meist diejenigen einen Riesenaufstand wegen Copyright, deren lausige Bilder eh niemand haben will, geschweige was für zahlen.
Bilder sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken, überall vorhanden und wirkungslos, weil es ohnehin zu viel sind. Naiv zu glauben, man könne mit Bildern noch was bewegen. Das passiert nur selten oder nur im eingegrenzten Interessenkreis.
Bilder ändern nichts, sonst würd man sie zensieren.
Es gibt Ausnahmen und der folgende Fall stammt sogar aus der elektronischen Vorzeit. Nägelifotos haben was bewegt. Nur eine Beschreibung hätte nicht gereicht, erst die Fotos inspirierten Nachahmer. Genauso lief es mit Writing in New York. Nur eine Textsammlung wäre abstrakt geblieben. Erst die Fotos zeigten, worum es ging und wie das eigentlich aussieht und diese führten zu einer Verbreitung die um die Welt ging.
Doch hier war es eben kein Einzelfoto, sondern viele Bilder, die in ihrer Gesamtheit was bewegten.
Andererseits funktionierte hier die Verbreitung nicht nur über die Medien, die Wand auf der Straße war schließlich das Originalmedium und mangels Verständnis gab es am Anfang kaum Fotos in den Medien. Die Vorlage an der Wand führte hier zur Verbreitung und Nachahmung. Das war eben noch die Zeit der traditionellen Medien und weit und breit nichts vom Internet zu sehen.
Bei der Frage nach der Wirkung von Bildern, haben viele immer noch Vietnam im Hinterkopp, als Bilder dazu beitrugen, das sich eine Bewegung gegen den Krieg bildete. Doch das ist Vergangenheit. Bildkonsum stumpft bekanntlich ab und so fragt man sich, wann hat eigentlich ein Einzelbild in den letzten Jahren was bewirkt? Schwer sich an einen solchen Fall zu erinnern. Das LA Amateurvideo, das zu einen regelrechten Aufruhr führte ist eine Ausnahme.
Bilder können im kleinen Rahmen was bewegen, man muß sie lesen können. Bei diversen Irakdemos versuchte die Linksrucksekte mit ihren Pappschildern das Erscheinungsbild der Demo zu bestimmen. So kam es auch in die Mainstream Medien, doch da wurde das nicht verstanden. Innerhalb der Beteiligten schon eher, man sah warum die Bilder so aussahen und warum.
Doch auch unbeabsichtigte Wirkungen sind denkbar, die finsteren Aufmärsche der arabischstämmigen Community be diversen Intifadademos in London etwa, zeigten ein deutlich abschreckendes Bild, das mehr als jeder Text aussagte. Doch das sind Wirkungen im begrenzten Kreis, da soll man nicht zu viel von erwarten.
Entscheidend war hier, die Fotos waren öffentlich zu sehen, die Bildauflösung und Kilobyte waren nicht das entscheidende Kriterium. Und bei der Gelegenheit lässt sich an die mittlerweile eingestellte "News" erinnern, die Fotos original aus dem Netz druckte. Man sah noch die Jpeg Artefakte. Nur beim Fotospießer dreht sich alles um Megapixel und Bildauflösung. Der Bildinhalt scheint hier Nebensache. Ein Foto ist erstmal nur ein Foto, man soll sie nicht überbewerten. Den Hype um das bestausgeleuchtete und hochauflösende Bild überlassen wir besser dem Rentner der halt irgendein Hobby braucht, weil sonst der Tag zu lang wird. Wie man heute mit der Massenerscheinung Fotografie umgeht, darf man selbst entscheiden.
Im Netz werden ohnehin zahllose Bilder veröffentlicht und geht es um politische Aktionen, dann steht die Veröffentlichung im Vordergrund und niemand macht sich Gedanken ob das Bild Bildagenturmaßstäben standhält.
Seit es die Fotografie gibt, ist sie im Grunde der Versuch, etwas festzuhalten, das sich nicht festhalten lässt. Man kann die Zeit nicht einfrieren, das funkt zwar mit der Stopptaste aber nicht in der realen Welt. Hier ändert sich eben alles und hier kann die Fotografie dazu dienen, einen veränderlichen Zustand festzuhalten. Ein Stadtbild vor 20 Jahren abgelichtet, ist eine Momentaufnahme, die wird man so nicht mehr ablichten, Städte verändern sich eben. Beim Thema Graffiti ist die Dokufotografie das einzige Mittel, das Zeug zu retten, weil es nicht auf Dauer hält. Hier lässt sich sinnvoll arbeiten wenn die Dokumentation im Vordergrund steht und nicht der Fotohype.
Nicht nur Städte verändern sich, auch die Menschen und so lässt sich bei Demofotos wenn sie alt genug sind, die Veränderung im Erscheinungsbild am Foto feststellen. Auch dafür kann die Fotografie genutzt werden. Oft werden Bilder Interessant, wenn sie älter werden, erst dann bemerkt man Veränderungen, die damals niemanden auffielen, da waren sie eben zu alltäglich um sie bewußt wahrzunehmen.
Nun noch zur Frage, warum so viel Auseinandersetzung mit dem Thema Foto? Aus einen einfachen Grund. Hol dir das Bild zurück. Hol dir die Autonomie über deine Bilder zurück und scheiß auf Profihype, Marktwert und Agenturen. Es sind deine Bilder, es ist deine Webseite und heute sind eben Veröffentlichunswege da, die es früher nicht gab. Doch um sie zu nutzen, muß man erstmal den eigenen Verstand freimachen. Frei von den Medienhype mit den dir bezahlte Schmierer das Hirn zuscheißen. Du bist das Medium, also überleg selbst, was sich damit anstellen lässt.

Fotorecht
In der Frühzeit der Fotografie war der Fotograf eher durch die Technik behindert, als von Gesetzen. Da kam kaum jemand auf die Idee, dem Fotografen die Arbeit noch durch Verbote zu erschweren, sie wäre dann nicht mehr ausführbar gewesen. Recht am eigenen Bild? Wer auf der Platte sichtbar sein wollte, hatte bei den langen Belichtungszeiten stillzuhalten, da mußte man sich über das Einverständnis des Abgebildeten keine Gedanken machen.
Darin besteht der Unterschied zu früher und heute. Fotograf und fotografierte Personen mußten zusammenarbeiten, sonst wurde draus bestenfalls abstrakte Fotokunst. Mit der Weiterentwicklung der Technik änderten sich Arbeitsmöglichkeiten und die Einflussnahme durch Gesetze nahm zu. Schon deswegen, weil durch die Massenverbreitung der Fotos ein ganzes Gewerbe entstand und davon leben wollte. Und wo es um Geld geht, müssen Gesetze her.
Gesetze sollen Schutz und Sicherheit bieten und da fängt das Problem an. Für wen? Wen schützen sie, wen behindern sie?
Mit der Vereinfachung der Technik entstand die Amateurfotografie und der Privatknipser kommt selten mit Gesetzen in Kontakt. Solang die Bilder in der Pappschachtel vor sich hinstauben oder nur wenigen gezeigt werden, hat keiner was zu meckern. Die Möglichkeit im Internet zu veröffentlichen hat auch dies verändert. Auch Privatknipser können hier nicht sicher sein, ob nicht doch irgendwer Ärger machen kann.
Es scheint hier der Zusammenhang zu bestehen, je einfacher man Bilder machen kann, desto saurer muß man den Fotografen das Leben durch Verbote machen. Schaut man sich so das Fotorecht an, man fragt sich, was darf man überhaupt noch fotografieren bzw. veröffentlichen? Oder, verwunderlich genug, das überhaupt noch Bilder veröffentlicht werden.
Das ist das Grundproblem, wir leben in einer Mediengesellschaft, Fotos gehören zum Alltag. Die Öffentlichkeit will Bilder sehen und die Fotografen sollen sie liefern.
Wer ablichten will, braucht eine Kamera. Etwas hinderlich noch das Gesetzbuch mitzuschleppen und vor jeden Bild nachzuschlagen, darf ich das überhaupt? Bis man sich von der Rechtmäßigkeit des Vorhabens überzeugt hat, ist das Motiv schon dreimal davongelaufen und im visuellen Nirwana verschwunden.
Das ist der Widerspruch, Fotografen sollen Bilder liefern. Die Öffentlichkeit will nicht nur Bleiwüsten, sie will auch Bilder in der Zeitung. Und wo ist das Problem? Na eben in einer Vielzahl unverständlicher Gesetze wie Privatgelände, oder Privatgebäude selbst wenn sie öffentlich zugänglich sind. Dazu kommen noch Einschränkungen von denen Otto Normalknipser nie was gehört hat. Man kann es in den Fußgängerzonen sehen. Grad ne neue Diggi, die will ausprobiert werden und da wird munter draufgehalten. Na pass nur auf das es bei einer Veröffentlichung auf irgendeiner Webseit keinen Ärger gibt, könnt teuer werden.
Doch Hilfe naht, in diversen Zeitschriften oder im www finden sich doch hilfreiche Tipps. So auch beim Bereich Demonstration oder politische Aktionen. Vorher fragen und bescheid geben, wofür die Bilder sind, wer du bist und so weiter. Fotografen die so arbeiten wollten könnten ihre Ausrüstung besser gleich im Netz versteigern um anschließend aus dem Gedächtnis Zeichnungen anzufertigen. So wurd doch früher auch gearbeitet und oft genug waren die Zeichner nicht mal dabei. So könnte es ausgesehen haben, wen interessiert s?
Mißtrauische Anmache kennt man wenn man ablichtet, damit kannst leben. Fotografieren ist rechtlich noch nicht das Problem, das beginnt meist nach der Veröffentlichung. Dann stellt sich im Paragraphengestrüpp die Frage, darf ich das überhaupt?
Dann gibt es natürlich noch das berühmte Recht am eigenen Bild. Meine Fresse gehört mir. Ohne Frage, wer will die schon haben? Das könnte man problemlos von den meisten Mitmenschen sagen, die dir zufällig ins Bild laufen. Solang sie nicht das Bild dominieren geht es, das Bildrecht geht eben seine eigenen Wege.
Es geht auch anders, die gestellte Fotografie ist ja aus dem Bereich nicht wegzudenken und wenn in der Zeitung eine gutaussehende I-podnutzerin gebraucht wird, da zieht niemand mit der Diggi los und sieht zu, ob nicht im Park eine Hörerin zu erwischen ist. Dafür gibt s bezahlte Modells und die sind immer noch billiger als Prozesskosten. Meist macht sich der Durchschnittsleser darüber keine Gedanken, was er eigentlich zu sehen bekommt.
Bilder sind nicht einfach Bilder, oft genug sind sie unerwünscht und sogar bei der Bahn gibt es den Fall, das ein Foto eines besprühten Zuges nicht für Werbung benutzt werden darf. Die Bahn bestand hier auf ihr Eigentumsrecht am Zug. Nun war das zwar ein Extremfall, hier wurde für Farbdosen geworben, nur wo das einmal anfängt, wann wird die Veröffentlichung von Graffiti untersagt, weil die Trägerfläche ja irgendwem gehört.
Das führt zur Frage des öffentlichen Raumes und den Versuchen, diesen zu privatisieren. Dazu gehört dann auch das Recht auf Abbildung.
Doch wer darf dieses Recht beanspruchen? Schaut man sich die allgegenwärtigen Überwachungskameras an, oder im Kaufhaus, in der Bank und im Bahnhof, wer nicht gesehen und gefilmt werden will, benötigt heutzutage eine Tarnkappe oder die Fähigkeiten eines Chamäleons.
Das führt zwangsläufig zu den Demos und der nicht endenden Bildparanoia. Zwar hat der Gesetzesgeber hier für klare Verhältnisse gesorgt, doch es gibt immer Zeitgenossen, die glauben ihre eigenen Gesetze machen zu können. Es gibt Demos, da verbietet der Veranstalter per Micro einfach das Ablichten dieser. Zwar gibt es keine Rechtsgrundlage, was macht s? Ist doch eh nur das bürgerliche Recht mit dem die Szene nichts zu tun haben will und notfalls wird es mit Psychoterror durchgesetzt. Natürlich scheißen die Profis darauf, die Redaktion druckt schließlich Bilder und keine Ausreden. Das muß man eben selbst entscheiden, es gibt Demos, da geht es und andere, da hält man besser Sicherheitsabstand.



Fotospießer
Aus der Frühzeit der Fotographie kommt bekanntlich das Trauma, das sie nicht als Kunst anerkannt wurde. Zwar sind alle Beteiligten längst weggestorben und der Siegeszug der Kameratechnik schon wieder Geschichte, doch man könnt meinen, im Unterbewußtsein hätte sich diese Kränkung festgesetzt und treibt da weiter ihr Unwesen.
Nachdem die Fotografie zur Massenerscheinung wurde, mußte sich der Profi naturgemäß irgendwie vom niederen Knipservolk absetzten, da er weiterhin seine Bilder verticken mußte. Wenn nun jeder dahergelaufener Tourie den Dom ablichten kann, dann muß der Profi ja irgendwie seine Existenzberechtigung nachweisen und nachrüsten. Mit besseren, teureren Gerät, mit Bilder aus den ungewohntesten Perspektiven oder bei ungewohnten Lichtverhältnissen die nur an einen bestimmten Tag im Jahr bei Vollmond und Sonnenstand um Punkt Zehn zu erwischen sind.
Dann werden ja noch hilfreiche Fotobücher produziert und Fotozeitschriften gibt es ja auch noch, mit vielen hilfreichen, gutgemeinten Tipps zum besseren Bild und wie der Kleinknipser auch Profibilder hinbekommt. Nebenbei wird hier Ideologie verbreitet und hier wurde der Fotospießer geschaffen. Der hat Regalmeter Fotobücher und Fotozeitschriften durchgeackert und versucht zwanghaft die sogenannten Profis zu imitieren. Der dumme Spießer, der vom perfekten Bild träumt, besser als die Realität wenn möglich, natürlich gestochen scharf, perfekt belichtet und so gut ausgeleuchtet, das man die Originalsonne zweckmäßigerweise gleich mit einer Abfindung in Rente schickt. Um seinen Traum vom perfekten Bild zu realisieren, braucht er stets das neuste und teuerste Kameragerät und leidet furchtbar darunter, das seine Bilder nicht die ihnen zustehende Anerkennung finden. Das hat Gründe, man denke an die berüchtigten Diaabende. Bei all dem Hype um Belichtungszeiten, Blende, ASA, R4, R5, M5, EOS und was es da noch an Geheimzeichen gibt, bleibt eine unbedeutende Kleinigkeit zwangsläufig auf der Strecke, der Bildinhalt. Was ist denn das wieder für n neumodisches Zeug? Bildinhalt? Das Bild ist der Inhalt. So war das als die Fotographie erfunden wurde, so läuft das mit jeder neuen Technik ab. Zunächst ist es das Medium, nicht was es übermittelt.
Man benutzt keine Mittelformatkamera um seine Pfote zu fotografieren, daraus einen Großabzug zu machen und dieses "Meisterwerk" dann stolz rumzuzeigen. Was soll der Unsinn? Als es Fotokopierer gab, legte man seine Hand auf die Glasplatte und hatte kurz darauf das Bild auf Papier vorliegen. Unabhängig von der Bildqualität, schon das es diese Möglichkeit gab, machte es erstmal interessant. Die Technik faszinierte, nicht der Bildinhalt.
Über so was Überflüssiges wie den Bildinhalt scheint sich der Bilderspießer keine unnötigen Gedanken zu machen, wichtiger ist es, lebenswichtige Informationen zu notieren. Die genauen nautischen Koordinaten der unglaublich aufregenden Mauer, den Sonnenstand, die Belichtungszeit und Blende. Dafür macht sich der Fortschritt auch hier bemerkbar, heute wird diese Arbeit, den Programmierern sei s gedankt, von der Diggitechnik gleich miterledigt.
Trotzdem nützt alles wenig, der Fotospießer leidet trotz neuer und teurer Diggikamera immer noch darunter, das er nicht anerkannt wird. Das die Profis veröffentlichen und er nicht. Selber blöd, unser Bildspießer übersieht eine Kleinigkeit. Die Kamera ist nur das Werkzeug, es ist dem Benutzer überlassen, daraus was zu machen und dazu muß man nur ein wenig überlegen. Ein Grundsatz ist hilfreich. Zuviel Perfektion tötet jeden kreativen Gedanken. Gute Bilder machen nicht zwangsläufig die Pixelzähler, sondern diejenigen, die sich mit dem Motiv auseinandersetzen, die sich überlegen, was man aus einer Bilderserie machen kann und gerade heute die Möglichkeiten der Bearbeitung kreativ nutzen. Die kapiert haben, das es das perfekte Bild nicht geben kann, die reale Welt ist eben nicht zu verdoppeln.
Fullmember erst bei der D200?
Der Fotograf macht s und nicht die Kamera!
Da sieht bei den ganzen Spießerfotos mit sündteuren Geräten und den leichtfüßigen Kunstwerken bei der Youth so mancher alt aus.
Forumzitat
Na bitte, auf die Idee sind auch schon andere gekommen. Die Kids mit wenig Kohle und Billiggerät bringen es oft zu kreativeren Bildern als der alte Sack mit fetter Reflex und zehn Objektiven.
Die Technik verändert zwangsläufig den Umgang mit dem Bild. Mittlerweile werden Wegwerfbilder digital produziert, durch die Leitungen gemailt und werden gelöscht, wenn sie ihren Zweck erfüllt haben. Sie werden eben nicht mehr für die "Ewigkeit" geschaffen. Wie das mit jeder technischen Neuerung eben abläuft, natürlich gibt es noch einige Verweigerer die standfest am Altbewährten festhalten wollen und ihre staubfrei gelagerte Diasammlung für die Nachwelt bewahren. Eines Tages war ich diese Nachwelt, als ich an die Tausend Urlaubsdias vom Sperrmüll abgreifen konnte. Das Zeug war so langweilig, das ich fast alle wieder in der Tonne entsorgen konnte.

Fotogeschichten
Da bist am fotografieren und denkst dir nichts dabei, am wenigsten, das es Probleme geben könnte und dann passiert genau das und ich frag mich noch, was ist denn hier los? Bin ich etwa auf ner finsteren Autonomendemo gelandet? Doch wohl nicht.
Ich fotografier nur ein Haus, in Offenbach stehen einige recht alte Teile rum und auf einmal werd ich angequatscht. Versteh gar nicht was los ist.
Da lichtest grad Eisengitter ab und da könnt sich schon jemand fragen, was es da wohl zu fotografieren gibt. Genau das tut auch jemand. Gut, das kann ich ja erläutern, ist ja kein Geheimnis und es gibt halt Interessenten für Eisengitter, mich etwa. Und das passiert mir mehr als einmal.
Fabriken werden überwacht, soll vorkommen. Meist macht man sich keine Gedanken über Außenkameras. In Darmstadt machst ein paar Architekturpics und wenn schon dabei, Tags passen auch noch in den Speicher. Kommt einer vom Werkschutz und fragt was ich da so treibe. Ob ich das aus künstlerischer Absicht fotografiere. Immerhin, da wußte einer was mit Graffiti anzufangen. Na das lässt sich ja erklären, tust ja nix Verbotenes und bleib freundlich. Das geht ja noch, wegen Graffitibilder bin ich so was eh gewohnt. Hier wurd wohl jemand mißtrauisch, was ich mit der Fabrikanlage will.
Im Westend beobachtet man dich. Da stell ich die Kamera auf ein Teil um zu fotografieren, offenbar ne Gegensprechanlage und schon fragt mich eine Stimme, was ich da mache. Nun ja, ich habe grad das Teil als Stativ mißbraucht.
Da fragst dich doch langsam, was hier eigentlich los ist und vor was manche Zeitgenossen Schiß haben.
Im Netz finden sich dazu ebenfalls einige Geschichten, ist ja nicht so, das nur mir so was passiert. Es gibt eben Orte, an denen wird fotografiert, da wird es einfach erwartet und niemand macht sich Gedanken wenn im Zoo oder auf dem Römer munter abgelichtet wird. Dann gibt es andere Orte, da fragen sich die Zeitgenossen, was gibt es denn hier zu fotografieren? Das sind eben diejenigen, die mittlerweile der Fotoindustrie dankenswerterweise die Diggis abgekauft haben und nach kurzen Einsatz nicht mehr wissen, was sie damit noch anstellen sollen.