Mittwoch, 13. Februar 2013

Christian Semler gestorben.

Die KPD verliert nun endgültig ihre Führung. Ok. die Partei selbst existiert seit 33 Jahren nicht mehr. Nach Horlemann nun auch noch Semler. Tia, eigentlich mein alter Parteivorsitzender, wenn man so will. Nicht ganz, ich war ja nie in der KPD. Die nahm ja nicht jeden der angeschissen kam. Fürs Fußvolk gab s die Umfeldorganisationen wie etwa Liga gegen den Imperialismus
Eigentlich war die Geschichte längst abgehakt und vergessen, zumindest bevor sie im Internet wieder hochkam. Semler bei der TAZ erinnerte eben stets daran. Sicher auch einige, die sich nicht erinnern wollten. Woran? An die ML Sekten, an den Maoismus und so jemand landet dann bei der TAZ? Es gab schon erstaunlichere  Lebenswege.
Was bleibt sonst? Wenn es sowas wie ein Vermächtnis gibt, dann die Tatsache, das Menschen sich ändern können. Das der Kopf rund ist, damit das Denken die Richtung ändern kann. Oder auch, das es kein Gesetz gibt, einmal Stalinist, immer Stalinist. Das könnte man als sein Erbe betrachten.
Es gibt freilich auch eine Richtung die das etwas anders sieht. Ausgestorben sind die Dogmatiker und Betonköpfe ja nicht, wie im Netz zu besichtigen. Für die ist der Fall klar. Semler bei der TAZ? Klar, diese Kleinbürger, diese Verräter. Das mußte ja so kommen. Diesen Lumpen kann man nicht trauen. Semler kannte sich da bestens aus, schließlich vertrat er lange Zeit genau diesen Dogmatismus mit dem die frischgegründeten K Gruppen einen Nachweis der proletarischen Herkunft verlangten, andernfalls hatten Beitrittswillige mit Arbeit im Betrieb ihre Parteinahme für das Proletariat unter Beweis zu stellen. Zeiten waren das. Das sollte die Partei die Linke mal versuchen. Würde ihr nicht im Traum einfallen (so groß ist der Andrang auch wieder nicht), zudem ließe sich das auch schwer ausführen. Einfach so in einen Betrieb arbeiten? Als Hilfsarbeiter? Die Zeiten sind lange vorbei. Wenn überhaupt, dann als Leiharbeiter. Ok, das war ein witziger Einschub.
Also gut, man muß nicht alte Feindschaften wieder ausgraben. Und was Kritik angeht, die alten Parteiführer wurden mit der Zeit selber zu ihren schärfsten Kritikern.
Aber ja doch. Die schärfsten Kritiker der Elche - waren früher selber welche. Und? Immerhin konnten sie über ihre Irrtümer schreiben, zum Glück hatten sie nie die Macht, den Irrsinn zu praktizieren. Also zu beweisen, das der Parteidogmatismus nur zu Säuberungen und Schauprozessen führen kann. Die wurden nur im verkleinerten Parteirahmen veranstaltet, aber nicht weniger ernsthaft abgehandelt als die historischen Vorbilder. 

Was Semler selbst betraf, welche Wege standen ihm 80 nach Parteiauflösung noch offen? Zu den Grünen? Als Ex Parteivorsitzender? Etwas daneben. Bei den Autonomen in X Berg wär er schon altersmäßig aufgefallen und hätte etwas fehl am Platz gewirkt. Mit 40 + ein Haus besetzen? War grad in, die Frage wäre mit wem denn? Wer jünger war, dem standen nach Parteiauflösung einige Wege offen, mit zunehmenden Alter wird sowas schwerer. Altlinke wissen wovon ich rede. Tia, warum nicht zur TAZ? Nicht die schlechteste Lösung.
Nun warten wir noch auf die Reaktionen unter den verbliebenen Kommisekten. Sie werden sicher entsprechend ausfallen, wenn sie sich überhaupt äußern. Na wir werden sehen.

Links:
Für Christian Semler

Zum Tod von Christian Semler
Radikalität, Sensibilität, Nüchternheit
 
Ein Wossi im besten Sinne

 
Wenn wir einmal alt sind …
… ja, was dann? Über diese Frage schrieb Christian Semler im März 2006. Jetzt ist er gestorben. Zur Erinnerung an ihn hier noch einmal seine Antwort.von Christian Semler


Abschied von Christian Semler

Die Welt
Christian Semler, Sprachrohr der APO, ist tot

Tagesspiegel 
Und wenn die Revolution ausbleibt? 

Rezension Das Rote Jahrzehnt - Gerd Koenen
Es war die Verheißung

Zumindest in den Kommentarspalten gibt es Reaktionen. Auf Spiegel Online etwa.

Wer sich an die KPD der Herren Semler und Horlemann erinnert, weiß vielleicht auch noch um die Radikalität gerade dieser "Partei"gänger. Ich selbst war damals Mitglied der DKP und hatte nicht selten sogar böse Auseinandersetzungen mit KPD- Menschen,
Verständlich, so was vergisst man nicht so einfach. dafür hat die DKP auch Unvergessliches an Dummheiten zu bieten. Nun ja, es gibt Wunden die auch die Zeit nicht heilen kann. *fg*
Damals schon hatten nicht wenige wie ich den Verdacht, hinter diesem Projekt könnte auch in Spaltungsabsicht der Verfassungsschutz stehen. Mag es sein, wie es will. Aber diesem Kleinbürger Semler, der letztlich doch wieder da landete, wo er wohl von Anfang an hingehörte, im mittelständischen Niveau der heutigen Grünen, solche Lobarien zu singen, klingt dann in meinen Ohren doch zu schrill.
Danke für die Bestätigung meiner Befürchtungen. Wußt es doch, die Sache mit den Kleinbürger. Der landete wo er hingehörte? Bei der TAZ? Offenbar eben doch nicht wie andere in der Wirtschaft, was man den 68ern oft vorwarf.

Ich habe aus meiner westberliner Politzeit und einigen Begegnungen mit ihm in den 70er Jahren sehr unangenehme Erinnerungen. Als Gründer und großer Vorsitzender (?) der KPD/AO (oder auch KPD A- Null) Kommunistische Partei Deutschlands (Aufbauorganisation)  gefiel er sich sehr in der Rolle des deutschen Mao-Tse-Tung und Stalin-Apologeten. Er schreckte auch keineswegs davor zurück, andere, konkurrierende linke Gruppen mit den stalinistischen Schlägertruppen seiner "Partei", v.a. "Liga gegen den Imperialismus", zu bedrohen und unliebsame Versammlungen, in denen Kritik an China und dem großen Vorsitzenden geübt wurden, gewaltsam auflösen zu lassen.
Schon richtig, das war eben die Zeit in der viele nicht nur links, sondern dies auch fanatisch vertraten. Es gab Auseinandersetzungen, auch mit Fäusten, etwa gegen Trotzkisten. Wenn sie die chinesische Politik zur Sprache brachten, die man nur mit Denkverboten noch vertreten konnte. War eben eine andere Zeit und Semler gehörte ja zu denen, die genau diesen Irrsinn aufarbeiteten. Das er sich nicht für jeden Hieb entschuldigte, nun ja, die KPD waren nicht die einzigen Fanatiker.

Leserkommentar im Tagesspiegel
Teure Irrwege im doppelten Sinn 
Vielleicht sollten unsere "Bildungspolitiker" nicht nur darüber nachdenken, sondern auch entsprechende Massnahmen ergreifen, damit solche haarsträubenden Fehlentwicklungen für Land und Leute vermieden werden. Jeder fleissige Strassenfeger leistet an einem Tag mehr Positives, als diese auf unseren Hochschulen gepäppelten in ihrem ganzen Leben.

Der ist zwar aktuell, hätte als Leserbrief aber auch schon vor 40 Jahren erscheinen können. Es ist erstaunlich, wie wenig sich die Argumente ändern. Oder auch deren Vertreter. Die lernen nichts dazu, wozu auch? Rechte haben immer recht, der Name sagt es. Witzigerweise wird der Straßenfeger zitiert und das ausgerechnet bei jemanden, der früher genau diese Ideologie von der körperlichen Arbeit vertrat. Eben die Ideologie aus China, bzw. aus der SU, von der Heroisierung einfacher Arbeit und der Abschiebung von Schülern und Studenten aufs Land. Propagandistisch aufbereitet war dies nicht nur im Ostblock der Fall, bemerkenswerterweise übernahmen auch faschistische Regime diese Heroisierung des Alltags in die Propaganda. Wer hat da bei wem geklaut? 
Aber nochmal zum fleißigen Straßenfeger. Der fegt von mir aus die Straßen, ok will nix gegen gesagt haben, aber ob er in seinen Leben auch nur einen Gedanken hinterlässt, der andere zum Nachdenken bringt? Dahinter steht die Ideologie vom parasitären Intelektuellen, die auch im Ostblock vertreten wurde und von den K - Gruppen dahingehend übernommen wurde, das Studenten in die Betriebe geschickt wurden. Da sollten sie lernen was Arbeit ist und den Kontakt zur Arbeiterklasse bekommen. Wer das mitmachte, lernte was Arbeit ist - scheiße und schlecht bezahlt und Kontakt bekam er auch. Zu einzelnen Malochern, die Bild lasen und über Fußball quatschten und Linken empfahlen, rüber zu gehen. Das waren die Arbeiter, die Arbeiterklasse blieb nur ein abstaktes Konstrukt.


Todesanzeige aus der Süddeutschen Zeitung. Mit dem Insider 
vertrauten Namen.
Doku Screenshot.