Freitag, 5. April 2013

Linker Antikommunismus?

Zunächst einmal einen Gruß an alle linken Antikommunisten die diesen Text lesen. Fangen wir mal so an. Auf einer Seite der DKP lesen wir, das es uns gar nicht gibt. Das ist doch schon mal eine bemerkenswerte Anerkennung. Es gibt keinen linken Antikommunismus. Jedenfalls nicht für jemanden, der heute noch in der DKP für Frieden und Sozialismus kämpft.

Der Antikommunismus Grundtorheit der Epoche
Diesen Satz lesen wir in der Roten Fahne vom März 2013 und die PDF Ausgabe erinnert uns wieder mal daran, nicht das dies nötig wäre. Dieser Satz scheint in Stein gemeißelt und jeder Linke hat diesen Satz schon so oft gelesen, man könnt den im Halbschlaf wiedergeben. Wird er deswegen zum unantastbaren Dogma? Für zurückgebliebene Spinner ist er das nach wie vor.

"Fortschrittliche Kräfte, wie zum Beispiel Thomas und Heinrich Mann, haben schon sehr früh ihre Stimme gegen den Antikommunismus erhoben und diesen als die Grundtorheit unserer Epoche bezeichnet. Der Antikommunismus entstand als Reaktion der Bourgeoisie auf die Herausbildung der revolutionären Arbeiterbewegung und ihrer Parteien, vor allem jedoch mit der Herausbildung der wissenschaftlichen Weltanschauung, dem Marxismus-Leninismus."

So lesen wir es in der Roten Fahne und lang genug haben wir das ernstgenommen. Sicher, hier geht es nicht um den Antikommunismus der Herrschenden Klasse, der sich allgemein gegen alle richtete, die diese Verhältnisse ändern wollten. Es geht um Linke die zu Antikommunisten wurden. Um Linke, die selbst mal üble Dogmatiker waren und irgendwann zu zweifeln anfingen. Doch der traditionelle Antikommunismus von rechts ist ja nicht verschwunden und genau dieser führte dazu, das sich Linke herausgefordert sahen Vorgänge zu rechtfertigen, die von rechten Antikommunisten als Negativbeispiel angeführt wurden. Ob Stalinterror oder Besetzung der CSSR, Linke verbogen sich die Gehirngänge und schrieben was von historischer Notwendigkeit, von finsteren Plänen der Imperialisten, denen man zuvorkommnen mußte. Viel kreative Schreibe wurde aufgewendet um, oft gegen eigene Überzeugung und Zweifel, den Realsozialismus von allem freizusprechen. Was dabei auf der Strecke blieb, war die eigene Glaubwürdigkeit und so war es nicht verwunderlich, wenn die Linke auf die Mehrheit wenig attraktiv wirkte.
Die Tragik bestand darin, das der rechte Antikommunismus zu einen Lagerdenken führte, der es Linken schwer machte, sich davon abzusetzen und frei zu denken. Das dient nur der Reaktion, das nützt nur den Rechten. Das waren Standardsätze, mit denen Zweifel erstickt wurden, mit denen Kritik abgewürgt wurde, noch bevor sie allzu deutlich werden konnte. Wer also auf antikommunistische Gedanken kam, der hatte das Problem, sich vom rechten Antikommunismus abzugrenzen. Das war nicht ganz so easy, zumal man zu oft dabei mißverstanden wurde oder Zustimmung von der falschen Seite befürchtete. Dies gelang erst, nach dem Bruch mit der kommunistischen Ideologie. Damit, das man aufhörte, im Marxismus Leninismus die alleingültige Wahrheit und Lösung für alle Probleme der Welt zu sehen. Als der dogmatische Marxismus Leninismus irgendwann selbst für Linke abstoßend wurde. Und aus diesen kamen dann die linken Antikommunisten, die zumeist Renegaten, Spalter, Revisionisten, Reformisten, Liquidatoren oder auch als wurzellose Elemente bezeichnet wurden. Halt die ganze Sammlung an Wertschätzungen und Nettigkeiten die dogmatische Kommis für ihre linken Kritiker so drauf haben. Linker Antikommunismus hat freilich eine lange Tradition. Auch wenn er nicht immer so genannt wurde. Sicher, man könnte es auch linken Antidogmatismus nennen. Sozialistischer bzw. sozialdemokratischer Antikommunismus ist einer davon, das ist freilich das Feld des Reformismus und seit der Spaltung der Arbeiterbewegung ist dies ein unverarbeitetes Trauma, das sich in der Parole; "Wer hat uns verraten....." ausdrückt. Gelegentlich ist diese Losung noch heute auf Demos zu hören. Damals wurde sozialdemokratischer Antikommunismus mit Freikorpshilfe zur Rettung des bürgerlichen Staats. Gedankt wurde es der SPD nicht gerade. Sicher sind Sozialdemokraten gegen den Kommunismus, doch die Kritikform unterschied sich doch um einiges. Sozialdemokraten kritisierten den Kommunismus aus der Absicht heraus, die hier bestehenden Verhältnisse nicht in Frage zu stellen. Linke Antikommunisten unterscheiden sich darin von dieser Haltung, weil sie genau diese Verhältnisse nach wie vor hinterfragen. Weil ihre Kritik am Kommunismus nicht das Ziel hat, den Kapitalismus als die einzig denkbare Alternative zu verteidigen. Es gibt aber auch einen linken Antikommunismus, aus den Anfängen. Anarchisten betrachteten sich als Antikommunisten und die Kommunisten betrachteten sie als gefährlicher als die Rechten. Klar, Konkurrenten sind immer bedrohlicher als ausgewiesene Gegener.
In der Geschichte der Arbeiterbewegung gab es schließlich viele Strömungen und nur weil sich eine Richtung zeitweilig durchsetzte, bedeutet das noch nicht, das sie recht hat. Der beste Gegenbeweis ist schließlich ihr Zusammenbruch, der freilich für die Retrodogmatiker nur eine Konterrevolution darstellte.

Antikommunismus in der neuen Linken
Die neue Linke sah sich in Westeuropa von Anfang an mit dem Mißtrauen der traditionellen Kommunisten konfrontiert. Einige definierten sich dann sogar antikommunistisch, vor allem wenn sie sich in anarchistischer Tradition sahen. Die organisierten Kommunisten sahen in der neuen Linken erstmal nur ein Rekrutierungsfeld, ernst genommen wurden sie weniger, eher als Kleinbürger abgelehnt. Erst wenn sie selbst in die Partei eintraten und fleißig agitierten, schien die Welt wieder in Ordnung. Die neue Linke die nicht aus der Arbeiterklasse kam erregte Mißtrauen und auch die folgenden Bewegungen die sich nicht in die traditionellen Politraster eifügten wurden von den Dogmatikern nur mit Mißtrauen bedacht. Noch heute betrachtet die MLPD die 68er als kleinbürgerliche Bewegung, die der Arbeiterklasse geschadet hätte. Es gibt eben viele Vorurteile, die unhinterfragt die Netzwelt erreicht haben. Jedenfalls, solange es einige Spinner gibt, die den Unsinn ernst nehmen. Wie sie den Arbeitern schaden konnten, die sie ablehnten und ihnen rieten, rüberzugehen, bleibt freilich das Geheimnis der ruhmreichen MLPD.
So wie sich die Traditionslinke aus der Neuen Linken reproduzierte, entstanden aus der Neuen Linken auch die linken Antikommunisten. Selbst wenn sie sich nie so nennen wollten, aus verständlichen Gründen, man wollte sich keineswegs mit dem Antikommunismus der Rechten gemeinmachen. Faktisch waren sie es. Ihre Ideologiekritik blieb in der BRD nur deswegen folgenlos, weil die Dogmatiker keine reale Macht hatten.
Wer sind linke Antikommunisten und wer ist trotz Kritik an vielen Erscheinungen doch keiner? Diese Abgrenzung muß gezogen werden, denn nicht jeder der Stalin kritisiert ist Antikommunist. Linke Antikommunisten haben mit Lenin und Stalin ein Problem, mal nett ausgedrückt. Trotzkisten haben mit Stalin auch ein Problem, aber nur weil der Terror von Stalin kam. Mit der Repression für die Trotzki verantwortlich zeichnet, haben Trotzkisten dagegen keine Probleme und mit Lenin ohnehin nicht. Trotzkisten sind nach wie vor Marxisten Leninisten, die Ideologie ist für sie nach wie vor unantastbar. Und damit nerven sie heute im Netz bzw. auf Seiten der Partei 'die Linke', wo sie sich eingerichtet haben. Ihre Kritik ist ein sehr eingeschränkter Antistalinismus, die Ideologie selbst stellen sie nicht in Frage. Das sollte man nicht vergessen, wenn man sich auf ihrem Webspace verirrt.
Undogmatische, Spontis und später die Autonomen nannten sich zwar nie Antikommunisten, das Wort war einfach zu belastet, dafür wurden sie von den Kommunisten oft genug genau so behandelt. Für Kommunisten war dieser unberechnenbare und unkontrollierbare Haufen stets bedrohlicher als die ausgewiesenen Gegner. Nicht verwunderlich, wenn sie die bekannten Wertschätzungen von Provokateuren, Agenten und Spitzel trafen. Wahlweise, sonst waren sie eben Kleinbürger, oder Studenten, jedenfalls absolut nicht vertrauenswürdig.
Weil sie sich nicht in die Schablonen der Ideologie einordnen ließen. Weil ihr Kampf nicht immer am Hauptwiederspruch verlief. Oder wenn sich Menschen am Widerstand beteiligten, deren Motive sich nicht unbedingt an klassenspezifischen Interessen festmachen ließen. Deren Ziele (z.B. Umwelt) innerhalb der Parteidogmatik gar nicht vorgesehen waren? So war es nur konsequent, wenn Kommunisten mit der Anti Atomkraftbewegung ihre Not hatten. Als fortschrittsfeindlich (Maschinenstürmer) abgekanzelt sahen sich Kommis trotzdem gezwungen, irgendwie Stellung zu beziehen. Sie war eben zu erfolgreich, um ein vielfaches erfolgreicher, als es Kommunisten je schafften. Da blieb noch das Problem, gegen Atomkraft und die gleichen AKW s im Osten als dem Frieden dienend zu legitimieren.
Ok, diese Bewegung wurde schließlich von den Grünen kanalisiert und führte letztlich zu... na, was hast erwartet? Bestimmt nicht zur Revolution. Dafür arbeiten sich Kommunisten nach wie vor an den grünen Kleinbürgern ab. Haben wir es doch von Anfang an gewußt. Was denn? Das man letztlich auch nur zum Teil des Systems wird? Weil man Kompromisse machen muß? Weil man nicht die Welt auf den Kopf stellen konnte? Man muß die Grünen sicher nicht verteidigen wollen, allein schon wegen Hartz 4 nicht. Doch was werfen die der reinen Lehre treu gebliebenen Kommis den Grünen eigentlich vor? Das sie in Wahlen erfolgreicher waren als es die DKP jemals sein konnte? (Futterneid?) Das sie die paar % nicht für die Revolution nutzten? Nicht ganz so guter Witz. Das sie früher mal....was? Ok, die waren auch mal jung und da denkt man eben, man kann alles. Als wenn das nicht in der Kommiwelt seine Vorläufer hätte. Jede Revolution wird fett und träge und dann hast eben eine Parteiapparat, der das was er hat behalten will und Kompromisse machen muß, weil die Ideologie sich nicht ganz so umsetzen lässt. Oder wenn doch, dann bezahlen etliche Menschen dafür.
Nur diese Kleinbürgerstory schwirrt nach wie vor im Netz rum. Seit 68 besteht die neue Linke aus Kleinbürgern, die Grünen ohnehin. Von denen witzigerweise viele zu finstersten Dogmatikeren wurden, aber die sich auch wieder davon lösten. Dafür gibt es noch heute Kommunisten die stolz darauf verweisen, das sie nicht aus der 68 Bewegung kommen und somit nie was mit den Studentenpack zu tun hatten. Sie verweisen auf ihre proletarische Herkunft, woraus sie ihre Legitimation ableiten mit ihren Kleinverein in der Tradition der alten KPD zu stehen. Was dieser Unfug in der realen Politik einbringt, beweist die MLPD seit mehr als dreißig Jahren. Die Parteireste der KPD/ML fabulieren heute was beredsamen Studenten welche die Partei liquidiert hätten. Noch heute wird im Netz rumerzählt, im Gegensatz zur KPD/AO wäre die KPD/ML proletarisch gewesen. Als wenn ihr das was geholfen hätte, selbst wenn es stimmen sollte. Ob ein Verein mehr Studenten oder Prolos hat, das ändert weder seinerzeit, noch heute was an der sektiererischen Politik zu der solche Vereine neigen. Selbst heute noch. Man kann es dankenswerterweise im Netz besichtigen. Ohne Internet würde kaum jemand was davon erfahren. Egal wie klein und bedeutungslos sie sind, online streiten sich sich nach wie vor um die richtige Linie und um das ganze Zeug von rechten und linken Opportunismus.

Kant?
Habe Mut sich deines eigenen Verstandes zu bedienen. Diesen Satz könnte man dem Dogma vom Antikommunismus als größter Torheit des Jahrhunderts entgegenhalten. Wer sich als linker Antikommunist definiert, muß seinen Verstand von der Ideologie des Marxismus Leninismus plus des nachfolgenden Überbaus freimachen. Sicher könnte man auch Antidogmatiker sagen, so wie sich in den 70ern etliche als Antiautoritär definierten, als Abgrenzung zum hierarchisch organisierten Parteikommunismus.
Soll heißen, wenn man diese Ideologie als Basis akzeptiert, dann gerät man in den Wiederholungszwang sich immer wieder mit den alten Denkschablonen zu befassen und schafft es nie zu eigenen Gedanken. Man kann es noch heute live im Internet besichtigen. Dogmatische Kommis schaffen es kaum eigene Gedanken zu äußern, sie trauen sich nicht mal es zu tun. Letztlich wiederholen sie nur die alten ideologischen Vorgaben und wenn man ihre Texte liest, dann sollte man sich nicht darüber wundern, das man das alles schon vor zwanzig oder vierzig Jahren gelesen hat. Genau, das was man auf einer Kommunistenseite vorgesetzt bekommt, das hätte auch schon in der UZ 1974 stehen können. Sollte echt zu denken geben, wenn sich so wenig geändert hat. Dogmatiker erstarren eben im Denken, das haben sie so an sich. Und mit diesem Gedankengefängnis, als das sich die ML Dogmatik auch bezeichnen lässt, wollen diese Helden die Welt im 21. Jahrhundert verändern? Ihre Erfolge lassen sich live auf der Straße besichtigen.
Free your mind. So könnte man es auch ausdrücken. Und genau das mußten alle die mal in dogmatischen Gruppen Jahre und Energie verschwendeten. Erst als sie mit der Ideologie brachen und aufhörten, die Blauen Bände als absolute Autorität zu betrachten, gelang es ihnen die eigene Erfahrung nicht mehr zu ignorieren und daraus Konsequenzen zu ziehen. Dies bedeutete die Befreiung aus einen geistigen Knast. Deine eigene Erfahrung ist irrelevant angesichts der gesammelten Erfahrungen der Arbeiterklasse und Partei. Das Problem ist nur, die eigene Erfahrung ist das, wozu der Einzelne wirklich Zugang hat. Es ist sein Leben und seine subjektive Erfahrung. Was wenn die eigene Erfahrung und die zum Wissenschaftlichen Sozialismus erhobenen Vorgaben bis ins Irreale auseinanderklaffen? Wer hat dann recht? Auf was hören? Auf die eigene Erfahrung, das die Arbeiter auf linke Politik pfeifen oder fest an das revolutionäre Subjekt glauben? Genau das verlangt der Dogmatismus aller Glaubensrichtungen von seinen Anhängern. Was in heiligen Büchern steht ist die Wahrheit, du brauchst keine eigene Erfahrung, die zählt nichts. Und wenn sie was anderes besagt als das Buchwissen, dann zählt die eigene Erfahrung erst recht nichts.
Und es ist nicht nur die eigene Erfahrung, es ist auch das 21. Jahrhundert. Wer die Theorien des 19. Jahrhunderts zur Patentlösung aller Probleme nutzen will, macht genau das, was die 68er seinerzeit mit der Organisationsdebatte veranstalteten. Die ML Theorie umzusetzen bedeutet eben eine autoritär hierarchische Partei zu schaffen, die vorwiegend damit befasst ist, sich von Abweichlern und Opportunisten abzugrenzen, ihre Linie sauberzuhalten, Renegaten auszuschließen und viel Energie aufzuwenden um sich um Punkt und Komma zu streiten. Für die realen Probleme der Menschen bleibt da nicht mehr viel übrig, die handelt man mit einigen Zeitungstexten ab, das war s dann auch. Die Betroffenen helfen sich dann besser selbst, diese Partei wird es nicht für sie tun.

"Der Hauptinhalt des Antikommunismus besteht vorrangig in der Verfälschung des Marxismus-Leninismus und der wirklichen Ziele der kommunistischen Weltbewegung sowie deren Verunglimpfung als totalitäre Herrschaftsbestrebungen."

Die Verunglimpfung des Realsozialismus kann man sich sparen, das hat dieser  schon ausreichend erledigt. Überall wo die Partei versuchte, den Sozialismus zu realisieren, entstand keine bessere Welt, oft genug nur eine zum Davonrennen. Und was die Ziele der Ideologie betrifft, Kommunisten hatten ausreichend Gelegenheiten ihre Ziele zu realisieren, daran scheiterte es also nicht.
Dabei haben auch Linke vor dem Totalitären in der Parteiherrschaft gewarnt. Gegen den totalitären Machtanspruch stellten sich bereits die Genossen von Kronstadt und wurden zusammengeschossen. Mit diesem echt ruhmreichen Erbe des Ostblocks müssen wir heute leben und auf dieser Basis irgendwie versuchen was auf die Reihe zu bekommen. Soll heißen, trotz der Negativbeispiele eben nicht aufzugeben und dem Kapitalismus nicht den Sieg zu überlassen. Wer sich von dem alten Gerümpel nicht trennen kann, wer um jeden Preis an den alten Ideologien festhält und nach wie vor versucht Mauerbau und Schauprozesse durch historische Gegebenheiten zu legitimieren, der wirkt kontraproduktiv. Die Verteidiger des Kapitalismus als beste aller möglichen Welten können sich keine besseren Linken wünschen als genau solche Verteidiger der reinen Lehre, als genau solche linke Geschichtsrevisionisten und Parteigläubige. Eine derartige Linke kann nur ein Randphänomen bleiben, aber kaum wirklich relevante Massen bewegen. Oder so ausgedrückt. Eine derartige Linke hat nur in absoluten Krisenzeiten und Zeiten des Zusammenbruchs die Aussicht was zu erreichen. Das Problem ist, in solchen Zeiten sind Linke nicht die einzigen die darauf warten ihre Ideen im 1:1 Maßstab auszuprobieren.

Nochmal zum Definition. Linker Antikommunismus unterscheidet sich vom Antikommunismus der Rechten, erstmal in der Absicht. Rechte Antikommunisten wollen die bestehende Ordnung erhalten. Deswegen sind sie Antikommunisten, ihr Antikommunismus richtet sich nicht ausschließlich gegen Kommunisten, sondern gegen Linke allgemein.
Linker Antikommunismus sucht nach wie vor nach Alternativen zum Bestehenden, freilich ohne Patentlösungen anzubieten. Linke Antikommunisten zeichnen sich dadurch aus, das sie nicht mehr bestreiten, das die Umsetzung der ML Ideologie nur in eine Parteidiktatur führen kann. Linke Antikommunisten betrachten den Begriff, Diktatur des Proletariats als antiemanzipatorisch, als Vorlage für eine Parteiherrschaft im Namen der Arbeiter, ohne das diese gefragt würden. Linke Antikommunisten sehen in Demokratie und Menschenrechte mehr als nur taktische Mittel, die man für die Propaganda nutzen muß und die dann von der Partei nach der Revolution als nicht mehr nötig abgeschafft werden können. Für linke Antikommunisten sind Bürgerrechte von einer emanzipatorischen Gesellschaft nicht zu trennen.
Warum sollten sich Undogmatische überhaupt als Antikommunisten definieren? Die Wut die sie bei den Betonköpfen und Dogmatikern auslösen werden, dürfte der beste Beweis sein.

PS: Die französische KP hat sich von Hammer und Sichel als Parteizeichen getrennt. Dieses Zeichen steht eben nicht nur für Befreiung, es steht auch für Kronstadt und großer Säuberung.
Für Dogmatiker ist dies nichts was sie groß erschüttern könnte. Die KPF, das waren schon immer Reformisten. Ja, die betätigten sich 68 als Ordnungsmacht und waren schon immer mehr konservativ als kommunistisch. Dafür hatten sie mal einen Stimmenanteil von den die DKP nicht mal träumen konnte, vom Rest der Vereine nicht zu reden.

PS: Derzeit gibt es im Netz bemerkenswerte Warnungen. Es hat den Anschein, als würden dogmatische Ideen wieder Zulauf bekommen und wären wieder gesellschaftsfähig. Noch scheinen es nicht viele zu sein, doch das Jungvolk der SOL zeigt, das sich stet einige Spinner finden. Kein Alarmismus, trotzdem sollte dies nicht ignoriert werden. Was wenn doch? Der Krisenkapitalismus mit seinen neoliberalen Zumutungen an die Menschen schafft doch selbst die besten Bedingungen für linken Widerstand, so sollte man erstmal annehmen. Offenbar schafft er auch Voraussetzungen, das eine alte Ideologie von der die meisten Beteiligten glaubten, sie hätte sich von selbst erledigt, wieder als ernszunehmende Alternative betrachtet wird.
Dazu nur soviel, ich gehöre zu denen, die mit dieser Geschichte schon lange fertig sind, wenn sich Jüngere heute unbedingt damit einige Jahre ihres Lebens versauen wollen? Ok, its your life, do what you want.

Der Blog Linke Irrwege befasst sich ebenfalls mit der Frage des linken Antikommunismus und zeigt, das ich nicht der einzige Verrückte unter lauter Normalen sein kann. Hier lesen wir Bemerkenswertes.

"Eine Form der störrisch-ignoranten innerlinken Kritikabwehr ist der Antikommunismus-Vorwurf. Dabei wird die Brandfackel des Antikommunismus-Vorwurfs in das Haus der Kritiker geworfen, in der Hoffnung, dass dieser Vorwurf zünde und gleich das ganze Gerüst der Kritik abbrenne."

 
"Dabei existiert eine lange Tradition der linken Ablehnung marxistisch-leninistischer Theorie und Praxis. Diese entstand aus grundsätzlich gegensätzlichen Annahmen und wurde aus konkreten historischen Erfahrungen heraus geboren. Die grundsätzlichen Kritiker_innen und Gegner_innen des Leninismus und Stalinismus halten die Geschehnisse in Kronstadt, Spanien oder in der Sowjetunion nicht für einen Zufall. Es handelt sich ihrer Überzeugung nach nicht um Exzesse oder Übertreibungen, die lediglich aus dem historischen Kontext heraus verständlich sind. Sie sind vielmehr aus dem Leninismus an sich heraus erklärbar. Elitäres Avantgarde-Verständnis (wissen was für die Masse richtig sein soll), der Alleinvertretungsanspruch (auch innerhalb der Linken), eine das Ziel-rechtfertigt-die-Mittel-Ethik, ein dualistisches Weltbild (die bösen Reichen und das gute Volk) und die hierarchische Organisation (Kader, Zentralkomitee, Partei) führten zu der Unterdrückung und Verfolgung der nicht-parteikommunistischen Linken, zur Etablierung eines Geheimdienstes (Tscheka unter Lenin, Stasi in der DDR etc.) und letztlich zu einer Diktatur über(!) das Proletariat."

"Antikommunismus wird also von linken Gruppen mit autoritärer Zielsetzung (Leninisten, Maoisten, aber auch Trotzkisten) erkennbar als Kampfbegriff zur Brandmarkierung aller politischen Gegner, auch der im eigenen Lager bzw. in der eigenen Szene, verwendet."

Wie zu lesen, sind auch andere Linke zu vergleichbaren Überlegungen gelangt.